Samstag, 29. Juli 2017

See2Säntis - Trail & Error

Bei gutem Wetter kann man von vielen Gipfeln der Region auf den Bodensee blicken. Öfter schon stellten wir uns die Frage, ob man diese Distanz an einem Tag laufen kann.
Nach jahrelangem Zögern und etwas Recherche machten wir uns heute auf. Wir wollten von Rorschach über Wasserauen bis auf den Säntis laufen.

Es war also an der Zeit, Träume zu verwirklichen! Mit dem letzten Zug fuhren wir um Mitternacht von Kreuzlingen bis Rorschach. Unterwegs hielt sich die Begeisterung in Grenzen. Die Gedanken über die kommenden Anstrengungen und die Frage "Schaffen wir das?" machten mich etwas nervös.
Angekommen in Rorschach, kamen wir noch auf die glorreiche Idee einen Bahnhofsdöner auf die Hand zu nehmen. Erst gegen 1:30 Uhr liefen wir in Richtung Säntis los.
Im Hafen von Rorschach - Natürlich hielten wir vor dem Start die Hände ins Wasser
Mittels GPS Track navigierten wir teils durch Ortschaften, teils über Landstraßen aber auch querfeldein. Mit einer angepeilten 10er Pace (6 km/h) kamen wir gut voran. Insgesamt lagen etwa 50 km und 3000 Höhenmeter vor uns.

Doch leider ist das Laufen durch die Nacht und in langsamen Tempo ziemlich langweilig. Ständig erwischte ich mich, wie ich in Gedanken von meinem warmen Bett träumte. Die Temperaturen waren deutlich kühler als erwartet und der Appetit auf Müsliriegel oder PowerGel hielt sich ebenfalls in Grenzen. So kühlten wir immer weiter aus und unsere Kräfte ließen spürbar nach. Hinzu kam, dass wir den Track "zu direkt" gewählt hatten. Beispielsweise ging es auf einem Stück über eine komplett durchnässte Kuhwiese steil bergan in ein Waldstück. Es war so schlammig, dass wir auf allen vieren unterwegs waren. Und das nachts um 4:00 Uhr...

Mit der Morgendämmerung kam die Motivation zurück und auch die Hoffnung auf etwas Wärme.
An der Tankstelle bei Gais genossen einen Café und legten eine längere Pause ein. Zum Glück war J.s Motivation noch recht hoch und er überzeugte mich zum Weiterlaufen.
Erste Sonnenstrahlen auf Höhe Gais (AI)
Schritt für Schritt wurde es mühseliger. Das Tempo wurde langsamer, die Pausen nahmen zu. Immer stärker beschäftigten mich die nassen und schweren Schuhe und meine kalten Füße. Der Gipfel war zwar sichtbar, doch schien er in unerreichbarer Ferne.
Wunderschönes Appenzell mit Blick auf den noch weit entfernten Säntis
Beim Bahnhof in Steinegg habe den "mentalen Kampf" verloren. Ich entschuldigte und verabschiedete mich bei J. und wartete auf den nächsten Zug nach Hause. Nach durchgemachter Nacht fiel es mir schwer, die Gedanken zu sortieren und einen klaren Verstand zu behalten. Die Zugfahrt fühlte sich mollig warm und gleichzeitig bedrückend an - habe ich tatsächlich aufgegeben?

Später stellte sich heraus, dass sich J. ebenfalls für die Appenzeller Bahn entschied und die letzten Haltestellen von Steinegg bis Wasserauen fuhr. Dann stieg er tatsächlich bis auf den Gipfel auf - Chapeau zu dieser großen körperlichen und mentalen Leistung!
Selfie beim Start in Rorschach (man beachte das gutgläubige, leicht naive Lachen)
Auswertung: Aus der angepeilter 10er Pace wurde im Laufe der Nacht eine 14:30er Pace. Für die ersten 30km haben wir ganze 7 Stunden gebraucht. Details unter:
https://connect.garmin.com/modern/activity/1898044198

FAZIT: Die Mission "See2Säntis" konnten wir beide nicht vollends abschließen. So groß hätte ich mir die mentale Herausforderung nicht vorgestellt. Immerhin waren wir zu zweit, gut trainiert und bei bestem Wetter unterwegs. Als Learning nehme ich mit, dass ich bei einem möglichen nächsten Versuch tagsüber laufen möchte und wasserdichte Schuhe (GTX) tragen werde. Mal sehen, ob dann aus dem Traum die Wirklichkeit wird =)

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