Dienstag, 4. April 2017

La Malinche - Die Besteigung der schlafenden Frau

¡Hola amigos y amigas!
Im April waren wir zu einer Hochzeitsfeier in Mexico eingeladen. Bei der Reise durch das vielfältige Land durfte eine Bergtour nicht fehlen.
Nach einem langem Flug über Zürich und Paris kamen Jan, Anne und ich am 03. April 2017 frühmorgens in Mexico City an. Mit Anbruch des Tages nahmen wir ein Taxi zur zentralen Busstation und fuhren von dort mit einem schäbigen Bus auf südlicher Route in Richtung Apizaco.
Flughafen Paris-Charles-de-Gaulle.
Aufgenommen mit unserer neuen Fujifilm X-T1.
Probleme mit der Kreditkarte, Schlafmangel und Polizeikontrollen nagten spürbar an unseren Nerven. Als vermutlich einzige Touristen in Apizaco wurden wir von allen Seiten gemustert. Vermutlich sahen die Einwohner ins uns die verhassten Gringos. Naja, die weißhäutigen Idioten mit Hartschalenkoffern waren auch nicht zu übersehen.

Umso glücklicher waren wir, als wir auf Eric trafen, den scheinbar einzigen englischsprachigen Mexikaner in Apizaco. Er ist Fahrer einen Kleinbusses und brachte uns nach kurzer Preisverhandlung in den benachbarten Nationalpark. Die Stimmung verbesserte sich zwischenzeitlich ein wenig.
Ein schönes Exemplar einer Agave.
Während Anne aufgrund der Eindrücke noch immer paralysiert war, fing Jan an aufzublühen und sich mit Eric zu unterhalten. Unter anderem ging es um das Fermentieren von Agavensaft. Nur wenige Minuten später hielt Eric in einem ausgestorbenen Ort an, klopfte an einem vermeintlich geschlossenen Tante-Emma-Laden und kurz darauf kamen wir in den Genuss der mexikanischen Agave-Braukunst. Es schmeckte widerlich! Aus Anstand würgten wir das ekelhafte Zeug herunter und waren bemüht, uns nicht zu übergeben. Anne hatte großes Glück - Sie blieb im Auto sitzen =)
Erster Blick auf den erloschenen Vulkan "La Malinche" zwischen Tlaxcala und Puebla.
Bis hierhin war die Reise der reinste Horror: Angst, Unwohlsein und Hunger legten sich deutlich auf die Stimmung nieder. Im Nationalpark angekommen stellten wir fest, dass der dortige Supermarkt geschlossen hat. Die Situation entwickelte sich zu einem Fiasko. Für gute Stimmung sorgte die "Hütte", die wir vorab gebucht hatten und sich vor Ort als kühles, hübsches Haus herausstellte. Draußen hatte es geschätzte 30°C, obwohl wir uns auf etwa 3.300 Metern über Null befanden.
Nach einer Nacht bei kühlem Klima aber wenig Sauerstoff standen wir zeitig auf, nahmen etwas der verbliebenden Nahrung (Obst & Kekse) zu uns und zogen in der Morgendämmerung los, um die "schlafende Frau zu besteigen". So hatte uns Eric die "La Malinche" ins Englische übersetzt.
Vor uns lagen etwa 1.200 Höhenmeter verteilt auf 7 km Distanz. Eine machbare Aufgabe, doch es sollte die dünne Höhenluft sein, welche die Wanderung zu einer echten Herausforderung machte.
Die ersten Sonnenstrahlen scheinen durch den einsamen Märchenwald.
Die erste Hälfte des Weges spielte sich in einem märchenhaften Wald ab, welcher größtenteils aus Kork-Eichen, Pinien und fruchtbaren Böden besteht. Oberhalb der Baumgrenze, ab ca. 3800 m(!), wird der Boden zunehmend sandig bis staubig. Die vielen Rinnsale und Kanäle lassen darauf schließen, dass (vermutlich saisonal) auch große Wassermassen zu Tal fließen.
Das Bild erinnert mich ein wenig an Neil Armstrong und den "one small step for a man" =)
Um gleichmäßig voranzukommen, legten wir immer zur vollen Stunde eine Verschnaufpause ein. Nach zwei Marschstunden befanden wir uns auf Höhe der Baumgrenze und konnten den zweiten Teil der Wanderung sowie den Gipfel der La Malinche einsehen.
Am oberen Ende der Pinien-Baumgrenze. Der Gipfel (links) in Sicht.
Der dünne, schöne Hund begleitete uns über einen Großteil der Strecke.
Kreativ wie wir sind, benannten wir ihn als "Perro" (spanisch für Hund).
Die Erfahrung redete mir ein, dass wir in 1.5h auf dem Gipfel stehen würden, doch tatsächlich brauchten wir noch ganze 3 Stunden für die restliche Wegstrecke.
Obwohl es bis zum Gipfel nicht mehr weit war, wurde die Tour immer anstrengender. Das lag zum Einen an der steilen Bergflanke ohne jeglichen Wanderweg und zum Anderen an der dünnen Luft, welche das Vorankommen zunehmend erschwerte.
Entgegen aller Naturgesetzen atmete Jan frei auf und stürmte dem Gipfel geradezu entgegen.
Anne und ich hingegen ließen uns mehr Zeit und genossen die Wanderung =)
Zufällig beobachtete Anne, wie der benachbarte Vulkan des Popocatépetl ausbrach:
Gemeinsam gingen wir die letzten Meter dem Gipfel entgegen und kamen nach 5:30h Fußmarsch auf der La Malinche (4.420m) an. Wir umarmten uns herzlich und hatten auch etwas Pipi in den Augen. Mit Recht konnten wir mächtig stolz auf uns und unsere Leistung sein. Erst am Vortag sind wir nach einem langen Flug mit 7h Zeitverschiebung in Mexico angekommen.
Glückwunsch Jan - Den Gipfel hast du dir verdient!
Deine Ausdauer und Kameradschaft waren beeindruckend!
Glückwunsch Anne - Dein Durchhaltevermögen ist beneidenswert! 
Vor dir haben sogar der SchweineHund und der MuskelKater Respekt!
Glückwunsch AlpenSim - Ein bisschen mehr Emotion hätte dem Bild sicher nicht geschadet =)
Die kleine Wolke im Hintergrund stammt übrigens vom sagenumwobenen Pico de Orizaba.
Tiefblick von etwa 4.400mNN auf 2.400mNN
Der Rückweg war eine wahre Genusswanderung. Der Sauerstoffgehalt nahm spürbar zu, die Hormone sprudelten durch den Körper und die Gerüche des aufgeheizten Waldes ließen den Geruchssinn tanzen. Die intensiven Duftnoten von Pinien und Zitronen habe ich für immer auf meiner olfaktorischen Festplatte archiviert =)
Da der gesamte Weg mit Glasflaschen, Aluminiumdosen und Kunststoffverpackungen gesäumt war, machten wir bergab eine spontane Ausbildung zur "Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft", indem wir großzügig den Müll einsammelten. Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind hier leider Fremdworte. Selbst im Nationalpark, wo wir den Müll ablieferten, ernteten wir nur krumme Blicke.
Rückblick voller Stolz. So hoch hinaus ging es bisher für keinen von uns dreien.
GPS-Auswertung: 7:50 h // 14,6 km // 1.240 hm
FAZIT: Kaum zu glauben, dass wir auf einem 4.400 Meter hohen Gipfel auf einem anderen Kontinent standen! Spätestens nach der mühsamen Anreise hatte ich nicht mehr unbedingt mit dem Gipfelerlebnis gerechnet. Umso schöner, dass wir es gemeinsam erleben durften!

Übrigens: Die Rückreise über Apizaco war nicht viel besser als die Anreise =) Umso schöner waren die darauffolgenden Wochen im vielseitigen Mexico. Wir trafen "den Rest" unseres Freundeskreises, genossen gemeinsam gutes Essen, tolle Unterkünfte und beeindruckende Sehenswürdigkeiten. Doch das Highlight war zweifelsohne die grandiose Hochzeit von V&S.

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